Seit Monaten hatte Elfriede schon mit Schmerzen im linken Bein zu kämpfen – angefangen im unteren Rücken bis hinunter zum Fuß. „Es war ein ziehender Schmerz“, beschreibt ihn die 70-jährige Patientin. „Man kann es sich vorstellen wie einen überdimensionalen Muskelkater. Ich wusste nicht, wie ich mich vom Sofa ins Bett bewegen soll und vom Bett in das Bad.“ Eigentlich ist die Rentnerin eine aktive Person: Sie hat schon immer viel Sport getrieben und war jedes Wochenende in den Bergen unterwegs. Im Juli 2021 wurden die Schmerzen schließlich so schlimm, dass sie keine 300 Meter weit mehr gehen konnte. Ihren Alltag schränkte das enorm ein. Als Unterstützung im Haushalt brauchte sie eine Putzhilfe. Pro Tag nahm sie mindestens sechs Schmerztabletten.
Die Diagnose
Bereits vor einigen Jahren kündigten sich die Beschwerden langsam an, allerdings konnte sie diese mithilfe von Medikamenten damals noch aufhalten. Erst als auch das nicht mehr half, suchte sie einen Orthopäden auf. Dabei stellte sich heraus, dass ein Nerv aus der Wirbelsäule durch umliegendes, verhärtetes Gewebe eingeklemmt war. Dass Elfriede die Schmerzen allerdings im Bein und Knie spürte, liegt daran, dass dieser Nerv herunter in das linke Bein verläuft. Ein Vorschlag des Orthopäden war, die betroffene Stelle regelmäßig zu spritzen, um die Schmerzen erträglicher zu machen. Selbst in Ruhe konnte Elfriede die Beschwerden deutlich spüren. Mal waren sie schwächer, mal stärker. „Das ist wie eine Benzinleitung“, erzählt die Rosenheimerin. „Manchmal geht nichts durch und die Schmerzen sind unerträglich. An anderen Tagen sind es immerhin ein paar Tropfen und es geht ein bisschen besser. So hat es mir zumindest mein Orthopäde erklärt.“
Wie lässt sich das behandeln?
Das tägliche Einnehmen von Tabletten und regelmäßiges Spritzen waren jedoch keine langfristige Lösung. Um die Ursache zu beseitigen, müsse die Stelle eigentlich operiert werden. Dabei hätte ein Stück des Wirbelsäulengelenks entfernt werden sollen, um überhaupt an die betroffene Stelle zu gelangen. Dies hätte allerdings eine versteifte Wirbelsäule zur Folge, weshalb der Orthopäde ihr auch davon abriet. Eine andere Lösung musste her.
Spezielle Operation am RoMed Klinikum Rosenheim
Durch eine Freundin wurde Elfriede auf Dr. Peter Barbenik aufmerksam. Der ärztliche Leiter der Neurochirurgie am RoMed Klinikum in Rosenheim hatte eine Idee für eine beschwerdefreiere Operation: Mithilfe eines speziellen Mikroskops, welches bei RoMed erst neu angeschafft wurde, ist es möglich, die betroffene Stelle von der gegenüberliegenden Seite zu operieren. Er erzählt, dass „dadurch der Knochen nicht beschädigt werden muss, weil er gar nicht erst im Weg ist.“ In Deutschland wird diese Technik bisher noch nicht sehr oft angewendet. Es handelt sich um ein innovatives operatives Verfahren, welches eine Weiterentwicklung bisheriger minimalinvasiver Techniken darstellt.
Nach einem Aufklärungsgespräch entschied sich Elfriede für diese Operation. „Angst davor habe ich keine gehabt“, blickt sie zurück. „Durch dieses persönliche Gespräch hatte ich Vertrauen in ihn.“ Am 22. September war auch schon der Operations-Termin. Alles verlief erfolgreich: „Die Stelle, an der sich das Gewebe verhärtet hat und der Nerv dadurch eingeklemmt war, haben wir ausgefräst. Durch diesen minimal invasiven Eingriff bleibt die Stabilität der Wirbelsäule vollständig erhalten und das Muskeltrauma sehr gering,“ erklärt Barbenik. Da die Muskeln aus vielen einzelnen Fasern bestehen, kann man diese gut in einem der Zwischenräume auftrennen. „Das hat uns den Zugang zu der Stelle an der Wirbelsäule verschafft.“
Eine erfreuliche Bilanz
Insgesamt hat die Operation eineinhalb Stunden gedauert. Die Patientin hatte einen Blutverlust von nur zehn bis 20 Milliliter. Der Hautschnitt ist eineinhalb Centimeter lang. „Als ich aufgewacht bin, habe ich sofort gemerkt, dass die Schmerzen weg sind. Ich habe erst meine Zehen bewegt und bin dann direkt aufgestanden. Ich fühlte mich wie neu geboren. Bereits zwei Tage später habe ich die Klinik wieder verlassen.“
Seit 2021 verfügt die Klinik über eine Zertifizierung der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft. Allein im vergangenen Jahr wurden bereits 250 operative Eingriffe in den verschiedensten Bereichen der Wirbelsäulenerkrankungen – vor allem degenerativ, Traumata und Tumore – durchgeführt. Die Behandlung findet im Rahmen einer engen interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachärzten statt.
Selten in Deutschland
Dass diese Methode in Deutschland nicht sehr weit verbreitet ist, liegt vor allem daran, dass eine spezielle medizin-technische Geräteausstattung und die fachliche Expertise vorhanden sein müssen, was nicht immer der Fall ist. Für den Arzt und die Patientin war der Eingriff zumindest ein voller Erfolg. Elfriede geht heute wieder in die Berge und ist absolut schmerzfrei. „Ich warte dauernd, dass noch irgendwelche Folgebeschwerden von der Operation auftreten oder die Schmerzen wiederkommen“, sagt sie. „Doch bis jetzt sieht es nicht danach aus.“