Durchblutungsstörungen der Beine
periphere Arterielle Verschlusskrankheit, pAVK
Liebe Patientin, lieber Patient, liebe Angehörige,
nachfolgende Informationen sollen dazu dienen, Ihre Erkrankung zu verstehen und den richtigen Umgang damit zu erlernen. Sie erhalten Informationen zur Ursache, Diagnostik und Therapiemöglichkeiten und Tipps zur Vorbeugung einer Verschlechterung.
Definition der peripheren Arteriellen Verschluss Krankheit (pAVK)
Bei der pAVK handelt es sich um eine Durchblutungsstörung der Beine, selten auch der Arme. Die Schlagadern (Arterien), die für den Transport von Sauerstoff und Nährstoffen in das Gewebe (Haut, Muskulatur, Knochen Bänder, Sehnen) zuständig sind, können sich durch die Arteriosklerose (im Volksmund: die Gefäßverkalkung) verengen und letztlich auch verschließen.
Symptome
Die pAVK kann aber lange Zeit unbemerkt bleiben (Stadium I) weil die ersten Symptome erst ab einer 50 – 70%igen Einengung der Schlagader spürbar sind. Es treten dann typischerweise Schmerzen in der Wade beim Gehen auf. Der Volksmund nennt dieses Stadium „Schaufensterkrankheit“, in der Fachsprache wird sie Claudicatio Intermittens (Intermittierendes Hinken) genannt (Stadium II). Im Stadium III ist die Durchblutung so stark eingeschränkt, dass die Betroffenen auch in Ruhe Schmerzen haben, dies vor allem nachts, wenn der Blutdruck niedrig ist und die Beine flach liegen. Im Stadium IV kommt es zu einem Gewebsuntergang (Gangrän) oder offenen Geschwüren (Ulcera), häufig zuerst an den Zehen, den Knöcheln und anderen prominenten Stellen.
Risikofaktoren für die Entstehung der Arteriosklerose
- Rauchen
- Bluthochdruck (arterielle Hypertonie)
- Fettstoffwechselstörung (erhöhter Cholesterinspiegel)
- Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
- Geschlecht
- Erbliche Faktoren
Diagnostik
Zunächst wird mit einem detaillierten Anamnesegespräch die Beschwerden des Patienten erfasst. Im weiterem wird durch körperliche Untersuchung und technische Untersuchungsverfahren das Durchblutungsproblem genauer differenziert, um die evtl. notwendige Therapie sinnvoll planen zu können:
- Pulsstatus, Temperaturunterschiede, Hautbeschaffenheit, Wunden
- Dopplerverschlussdrucke
- Ultraschalldarstellung der Gefäße
- Angiographie mit Kontrastmittel (unter stationären Bedingungen)
- Kernspinangiographie (ambulant)
- Computertomographie (ambulant)
Therapie
Im Stadium I und II besteht die Therapie grundsätzlich in einer Behandlung der Risikofaktoren (s.o.), einem strukturierten Gehtraining, evtl. einer Gewichtsreduktion. Falls die Gehstrecke im Stadium II stark verkürzt ist (unter 200m) und eine deutliche Beeinträchtigung des täglichen Lebens besteht, können auch andere Interventionelle oder auch operative Therapieformen angezeigt sein. Dies ist hier eine individuelle Entscheidung. In jedem Fall ist in diesen Stadien, auch nach einer Intervention oder einer Operation, ein regelmäßiges Ausdauertraining notwendig. Dies verbessert die allgemeine Leistungsfähigkeit und damit auch die Gehstrecke.
Bei Dauerschmerzen und Gewebsuntergang, also im Stadium III und IV muss die Durchblutung zeitnah durch eine Operation oder Intervention wiederhergestellt werden, sonst droht eine Amputation.
Sehr wichtig ist die Normalisierung des Körpergewichts. Übergewicht belastet Gelenke und Muskulatur, verlangt vom Körper eine ständige Mehrarbeit bei jeder Bewegung, führt zu Bluthochdruck und Diabetes. Beides sind wiederum wesentliche Risikofaktoren der Arteriosklerose.
Medikamente
Die medikamentöse Einstellung der Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus und erhöhter Blutfettwerte, verlangsamt das Fortschreiten der Arteriosklerose.
Blutverdünnende Medikamente, wie z.B. ASS und Clopidogrel, verringern die Ausbildung von Blutgerinnseln an Engstellen.
Gehtraining und körperliche Belastung
Regelmäßige, moderate körperliche Belastung ist der wichtigste Teil der Prophylaxe und der Therapie und führt zur Besserung erhöhter Blutdruck-, Blutfett- und Blutzuckerwerte, zur Gewichtsreduktion, zur Steigerung des Stoffwechsels und der Herz-Kreislaufleistung. Der Körper steigert seine Leistungsfähigkeit und auch die Durchblutung der Beine.
Dies gilt natürlich auch nach einer Behandlung durch Ballonaufdehnung, einer Stentimplantation oder einer Gefäßoperation.
Interventionelle Therapie
Unter einer interventionellen Therapie versteht man die Behandlung von Engstellen und Verschlüssen mit Hilfe von Katheterverfahren (Ballonaufdehnung). Diese Eingriffe werden in örtlicher Betäubung und einem kurzen stationären Aufenthalt von etwa drei Tagen durchgeführt. Zusätzlich kommen in manchen Situationen auch sogenannte Stents (gitterartige Gefäßstützen) zur Stabilisierung der Arterie zur Anwendung.
Operative Therapie
Bei komplexeren Gefäßveränderungen ist häufig die interventionelle Therapie nicht möglich oder nicht sinnvoll, weil sie schlechte oder nur kurzfristige Erfolge bringt. Es gibt sehr unterschiedliche Operationsverfahren (Ausschälungen des Blutgefäßes, Bypassanlage, Erweiterungsplastiken) die zu einer Verbesserung der Durchblutung führen. Obwohl eine Operation häufig mit längerem Krankenhausaufenthalt verbunden sein kann, ist die Langzeitprognose der operativen Verfahren meist besser als bei einer interventionellen Behandlung.
Wundbehandlung, Amputation
Wenn bereits ein Gewebsuntergang aufgetreten ist, muss auf jeden Fall eine schnelle Verbesserung der Durchblutung erfolgen, um eine Abheilung der Wunde zu erreichen.
Wenn abgestorbenes Gewebe vorliegt, wird dieses chirurgisch entfernt. Die Maßnahmen erstrecken sich von einer reinen Wundreinigung, bis hin zu einer Amputation. Die Grundregel bei Amputationen lautet immer: so wenig wie möglich, so viel wie nötig.
Allgemeine Empfehlungen / Vorbeugende Maßnahmen
Nikotin
Rauchen ist der Hauptrisikofaktor für die arterielle Verschlusskrankheit. Wenn das Rauchen nicht baldmöglichst beendet wird, kommt es mit Sicherheit zum Fortschreiten der Erkrankung.
Ernährung und Flüssigkeit
Eine ausgewogene Ernährung sichert nicht nur die Nährstoffzufuhr, sie sorgt auch für den reibungslosen Ablauf aller Stoffwechselprozesse, was vor allem bei der Heilung von Wunden eine wichtige Rolle spielt. Unsere Nahrung sollte sich ausgewogen aus Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen, sowie Elektrolyten, Vitaminen und Spurenelemente zusammensetzen. Sparen Sie an Salz und Fetten. Achten Sie auf ballaststoffreiche Produkte z.B. Vollkornprodukte, Gemüse und frisches Obst. Zusätzlich benötigt der Körper ausreichend Flüssigkeit. Achten Sie auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr mit ungesüßten Tees, Saftschorlen und natriumarmes Wasser.
Schuhwerk
Bei verminderter Durchblutungsstörung brauchen Ihre Füße jeden Tropfen Blut. Zu enge Strümpfe, auch Kompressionsstrümpfe, zu kleine Schuhe, etc. gefährden Ihre Durchblutung und führen zu Druckstellen.
Wärme
Benutzen Sie keine Heizkissen, Wärmflaschen etc.. Dies führt häufig zu Verbrennungen, da das Schmerzempfinden beeinträchtigt sein kann.
Haut
Bei der pAVK ist die Haut v. a. der Unterschenkel häufig dünn, pergamentartig, blass oder bräunlich, glänzend und haarlos. Zu bevorzugen sind feuchtigkeitsspendende Emulsionen oder Pflegeschäume, die Harnstoff enthalten. Harnstoff lagert sich in der Hornschicht der Haut ein und bindet Wasser. Die Elastizität und Widerstandskraft der Haut erhöht sich, Juckreiz und Infektionsrisiko werden gemindert.
Babyöl, Zinkpasten, fettende Salben oder Puder sollten Sie vermeiden.
Bewegung
Mit einfachen und regelmäßigen Übungen werden Gelenke und Muskulatur gestärkt, die Koordination verbessert und Sie tragen dazu bei, dass sich Ihre arterielle Durchblutung steigert.
- Tägliches Gehen, am besten gezieltes, strukturiertes Gehtraining
- Treppensteigen statt Lift fahren
- Kurze Autofahrten durch Gehen oder Radfahren ersetzen
- Teilnahme an einer Gefäß- oder Koronarsportgruppe
Bei Fragen sind wir gerne für Sie da.
Ihr Team der Gefäßchirurgie an der RoMed Klinik Wasserburg