Niere
Es kommt zu einer Störung der tubulären Funktionen, vor allem einer Konzentrationsstörung des Harns. Das heißt: Die Nieren können die Flüssigkeit, die der Körper braucht, nicht mehr zurückfiltern, es wird mit dem Urin ausgeschieden. Die Kinder fallen auf durch großen Durst (auch in der Nacht!) und durch Entleerung großer Urinmengen. Bei Durchfallerkrankungen besteht die Gefahr der Dehydratation. Zudem kommt es zu Verlusten von Elektrolyten (Kalium, Natrium, Kalzium), Phosphat und Bikarbonat. Wird die tubuläre Insuffizienz (DeToni-Debré-Fanconi-Syndrom) rechtzeitig erkannt, können die Verluste durch die Gabe von zusätzlicher Flüssigkeit, Elektrolytlösungen, Natriumhydrogencarbonat, Phosphatsalzen und Vitamin D lange Zeit ausgeglichen werden.
Wichtig: Kinder mit Cystinose müssen viel trinken. Wenn sie zu wenig trinken, trocknen sie aus, weil die Niere die Flüssigkeit nicht mehr an den Körper zurückgibt, sondern alles als Urin ausscheidet. Bei Durchfallerkrankungen oder hohem Fieber ist die Gefahr des Austrocknens besonders groß – scheuen Sie sich nicht, schnell zu Ihrem Kinderarzt oder in die Kinderklinik zu gehen.
Ohne die richtige Therapie verlieren die Nieren meist zwischen dem 8. und 12. Lebensjahr auch ihre glomeruläre Funktion, das heißt: Die Nieren verlieren die Fähigkeit, Giftstoffe aus dem Körper auszufiltern, die giftigen Stoffwechselabbauprodukte im Blut werden immer mehr. Das kann dazu führen, dass eine Dialyse oder Transplantation notwendig wird.
Wachstum
Kinder mit Cystinose fallen durch ein verzögertes Wachstum auf. Nach normaler Geburtsgröße und normalem Wachstum in den ersten Lebensmonaten bleibt die Größe zunehmend hinter der Altersnorm zurück. Auch bei guter medikamentöser Einstellung und stabilen Nierenwerten wachsen viele Kinder mit Cystinose schlecht, bei einigen stagniert das Wachstum bereits vor dem 10. Lebensjahr. Der Kleinwuchs von Cystinose-Kindern führt häufig dazu, dass ihre Intelligenz und ihre soziale Entwicklung weit unterschätzt werden. Diese verlaufen jedoch altersentsprechend, so dass die Kinder einen normalen Kindergarten und eine Regelschule besuchen können.
Kinder mit Cystinose sind zwar häufig kleiner als ihre Altersgenossen, aber ihre Intelligenz und ihre geistigen Fähigkeiten entwickeln sich entsprechend ihrem Alter. Unterfordern Sie die Kinder nicht – lassen Sie sie selbständig werden und alles ausprobieren, was sie möchten.
Die zu erwartende Endgröße von Cystinose-Patienten ist sehr unterschiedlich. Das Wachstum sollte engmaschig kontrolliert werden. Um die psycho-sozialen Probleme möglichst gering zu halten, sollte bei Kindern, die ein eingeschränktes Wachstum haben, eine Behandlung mit Wachstumshormon erwogen werden.
Augen
Cystinose-Patienten sind sehr stark lichtempfindlich (Photophobie), was vor allem durch kristalline Cystinablagerungen in der Hornhaut hervorgerufen wird. Abgesehen von der Photophobie ist das Sehvermögen aber nicht beeinträchtigt. Eine Schädigung der Netzhaut kann bei manchen erwachsenen Patienten eintreten.
Gut behandelte Patienten mit Cystinose haben meistens keine großen Probleme mit den Augen. Sie können gut sehen (z.B. Tafel) und fast alle können auch einen Führerschein machen, wenn sie 18 Jahre alt werden.
Muskeln und Knochen
In jüngster Zeit haben Forschungen ergeben, dass viele Symptome wie Schwäche, Müdigkeit, Probleme in der Feinmotorik, Schluckprobleme – aber auch das häufigere Auftreten von Knochenbrüchen, später von Muskel- und Knochenschwund tatsächlich mehrere Ursachen haben. Ganz grob gesprochen: Der Teufelskreis beginnt damit, dass die Kinder müde sind, sie bewegen sich deshalb nicht genug, sie werden zur Schule gefahren, sie gehen nicht oder selten zum Sport. Am Schulsport trauen sie sich nicht teilzunehmen – weil sie ja nicht so gelenkig und dauernd müde oder schwächer sind.
Ermutigen Sie Ihre Kinder, sich zu bewegen. Gehen Sie mit Ihnen zum Kinderturnen oder im Sommer auf den Spielplatz. Lassen Sie zu, dass Ihre Kinder im Sportverein andere Kinder als in der Schule kennenlernen. Die Rücksichtnahme unter solchen Kindergruppen ist viel größer als man glaubt. Jede Sportart ist prinzipiell möglich, das darf jeder für sich ausprobieren.
Die beste Vorbeugung gegen Knochenprobleme und Muskelschwund ist viel Bewegung. Die Muskeln werden trainiert und stimulieren durch dauernde Bewegung den Knochen dazu, kräftiger zu werden. Es ist erwiesen, dass die Kinder, die früh im Sportverein, Schwimmclub, beim Turnen, Tischtennis o.ä. mitmachen durften, als Jugendliche und Erwachsene viel weniger Probleme bekommen als überbehütete „Couch Potatoes“. Das ist ein Feld, auf dem Eltern ihren Kindern ganz besonders viel Gutes tun können, indem sie Toben, Klettern, Springen nach Möglichkeit der Kinder zulassen und dazu ermutigen. Fahrradfahren fällt dabei häufig leichter als laufen (und ein Fahrrad trägt auch die Schultasche).
Können Menschen mit Cystinose Eltern werden?
Es gibt inzwischen viele Frauen weltweit (d.h. bei Cystinosepatienten etwa 30 Frauen), die ein Kind zur Welt gebracht haben. Wenn der Vater dieses Kindes keine Cystinose hat und auch kein Überträger ist (Gentest!!), hat das Kind keine Cystinose. Es gibt noch keinen Mann, der auf „normalem“ Weg ein Kind gezeugt hat. Aber es gibt die Möglichkeit für junge Männer, Samen zu spenden oder zu gewinnen und aufbewahren zu lassen, um eventuell später „in vitro“ Vater zu werden. Dieses Verfahren steckt noch in den „Kinderschuhen“ und es macht Hoffnung.
Und was noch?
Da jede einzelne Zelle im Körper die gleiche genetische Zusammensetzung hat, können alle Zellen geschädigt werden. Bei Erwachsenen oder auch bei manchen Jugendlichen können die Schilddrüse, die Bauchspeicheldrüse, die Lunge und andere Organe betroffen sein. Der Verlauf der Krankheit ist bei jedem Betroffenen unterschiedlich, allerdings ähneln sich meistens die Verläufe bei zwei Kindern derselben Familie. Bei der juvenil-nephropathischen Form der Cystinose treten die gleichen Symptome wie bei der infantilen Cystinose auf, allerdings deutlich später (immer nach dem ersten Lebensjahr, manchmal erst im zweiten Lebensjahrzehnt). Von einer adult-benignen Cystinose spricht man nur dann, wenn bei einem Erwachsenen Cystinkristalle bzw. eine Cystinose festgestellt werden, ohne dass es zu irgendeiner Nierenfunktionsstörung gekommen ist. Diese Cystinkristalle werden in aller Regel zufällig bei einer augenärztlichen Untersuchung mit der Spaltlampe in der Hornhaut gefunden. Menschen mit adult-benigner Cystinose sind nicht krank, ihre Lebenserwartung ist nicht verkürzt.